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Der Reiz der Oberfläche
Alex Katz bei Galerie Jablonka
Köpfe, unnahbar und kalt. Die Bilder von Alex Katz,
in: KSTA, 25.2.2000.
Der 72jährige New Yorker Maler Alex Katz ist ein scharfsinniger
Beobachter seines Umfelds. Sein Augenmerk gilt dem städtischen
Flair, den Häusern bei Nacht, der Landschaft, vor allem aber
den Menschen in seiner Umgebung, ihrem Lächeln, ihrer Bewegung
oder den flüchtigen Momenten ihrer Reaktionen, die aus ihren
Gesichtern und der Haltung abzulesen sind.
Die Gesichter und menschlichen Figuren, die er malt, sind auf
wesentliche Faktoren beschränkt. Der Gesichtszug ist klar
umrissen und zumeist durch einen besonders akzentuierten Bildausschnitt
hervorgehoben. Doch aus Katz Bildern spricht eine gewisse Unnahbarkeit
und Kälte. Kaum eine dargestellte Person vermittelt dem Betrachter,
sie anzusprechen und mit ihr in Kontakt zu treten, selbst wenn
sie ihn direkt anschaut. Die eigenwillige Verbindung von realistischer
Abbildung und Abstraktion ist Katz unveränderbarer Stil seit
über 30 Jahren, der häufig als "cool” bezeichnet
wird. Emotional kontrolliert, ohne große inhaltliche Bedeutung
und mit einer gewissen Kälte erscheinen die Bilder dem Betrachter
allemal. Die Anlehnung ans Breitwand-Kino, an Werbung und Plakate
ist von Katz beabsichtigt, wobei sich eine bestimmte Sehnsucht
oder Wünsche, die bei Werbung suggeriert werden, hier nicht
angesprochen werden.
Wenn eine Frau im Profil vor beigem Grund dargestellt wird (in
"Smile Again”, 1964), die von rechts nach links ins
Bild schaut und dabei lacht, kann der Betrachter nicht mitlachen,
weil sie ihn nicht anschaut und weil er nicht herausbekommt, worüber
sie lacht.
Außerdem scheint das Lachen zu einer Geste eingefroren zu
sein. Im Bild "Peter and Linda” (1966) liegt sie im
Profil und schlafend im Vordergrund des Bildes. Er schaut aus
dem Hintergrund zu ihr. Wacht er über sie? Denkt er über
sie nach? In "Ives Field # 1” befinden sich 5 Personen
in einer Landschaft. Zwei davon spielen Ball, ein dritter hält
einen Eimer in der Hand und das Mädchen schaut, auf einem
Hügel sitzend, den Betrachter an. Was haben die Menschen
miteinander zu tun? Was will er mit dem Eimer auf der Wiese? Alles
erscheint künstlich und konstruiert wie auf einer Bühne.
Das Paar "Steve and his Girl” (1966), das eng beieinander
steht und nur die Nasen sich berühren, schauen sich nicht
einander an. Die Augen schauen verloren und traurig, eine Liebe
scheint nicht zu bestehen – noch nicht oder nicht mehr?
Fragen, die man an dieses oder an andere Bilder stellt, bleiben
offen. Der Betrachter gelangt nicht zu einer Wahrheit hinter der
Oberfläche der Malerei. Er bleibt außen vor.
Die großflächigen Schlagschatten in den Gesichtern
und die Reduktion auf das Wesentliche lassen die Köpfe flach
und dennoch bisweilen hölzern wie grob geschnitzte Puppenköpfe
erscheinen. Für Katz ist der Augenblick der Mimik und Geste
wichtiger als das, was sich dahinter verbirgt. Auf den Vorwurf,
er sei ein Maler des schicken Life-styles, der Posen und des Glamours
antwortete er: "Es gibt nichts Aufregenderes als die Oberfläche.
Dort trifft unser Blick auf den Gegenstand und reflektiert. Was
kümmern mich Inhalte? Mich interessiert nur die Oberfläche
– in ihr ist alles.” Ihm gefällt der Gedanke,
daß seine Figuren wie Schauspieler sind, mal in dieser,
mal in jener Rolle. Doch es gibt nur die Darsteller in seinen
Bildern, nicht aber eine Handlung.
In allen Bildern von Katz überzeugt das große Format,
die Lichtwirkung und Farbe, die Komposition und grandiose Auswahl
des Bildausschnittes, der die Personen in aufsehenerregenden Anschnitten
zeigt. Die Konzentration der Ausstellung auf die Malerei aus den
60ern gibt einen intensiven Eindruck über sein Schaffen parallel
zur Pop-Art.
Ulrike Lehmann
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